HINSCHAUEN – FRAGEN – TUN

AUS DEM ALLTAG UNSERER GEMEINDESCHWESTERN

Täglich sind in unserer Gemeinde zwei Gemeindeschwestern unterwegs und kümmern sich um ältere Menschen. Petra Beckers ist seit 1994 im Dienst, Jasmin Degenhardt seit 2014. Beide sind gelernte Krankenschwestern. Doch in der Gemeinde fängt ihr Auftrag erst da richtig an, wo die medizinische Versorgung aufhört.

Wie sieht der typische Arbeitstag einer Gemeindeschwester aus?

Petra Beckers: Wir fahren morgens zunächst zu den Senioren, für die ein ärztliches Rezept vorliegt und versorgen sie. Jede von uns betreut regelmäßig 9-10 Personen über die Woche.

Jasmin Degenhardt: Für die reine Versorgung zahlt die Kasse nur 10 Minuten. Wir sind oft länger da, das trägt die Gemeinde. Wir fragen, was sonst noch anliegt, wo wir helfen können. Ganz oft bekommen wir die Behörden- oder Krankenkassenpost der Woche in die Hand gedrückt. Mit Verwaltungssachen sind viele überfordert. Wir helfen dann bei Anträgen und gehen auch schon mal mit zur Bank.

PB: Im Anschluss machen wir Geburtstags- oder Krankenhausbesuche bei Gemeindegliedern. Außerdem bieten wir Beratung in unseren Sprechstunden an. Oft werden wir auch auf der Straße um Rat gefragt, von Menschen, die uns kennen.

JD: Die wirklich Alleinstehenden lernt man erst durch einen Geburtstagsbesuch kennen. Das habe ich vorher nicht geglaubt, dass da die Tür einer fremden Person geöffnet wird. Aber das geschieht! Viele sind beim ersten Besuch überrascht, aber die meisten freuen sich total, dass jemand kommt. Manchmal dauert es etwas mit dem Vertrauen: Im ersten Jahr wird die Tür geöffnet, im zweiten Jahr dürfen wir reinkommen, im dritten Jahr rufen sie uns an und schildern uns ihre Probleme.

Interview_Gemeindeschwestern Generationsbacken.JPG

Jasmin Degenhardt und Petra Beckers beim adventlichen Generationenbacken, bei dem sie jährlich Kinder der Kinderarche und alleinstehende Senioren zusammenbringen.

 

PB: Das sind ja meist die Menschen, die keinen Gottesdienst besuchen, die völlig zurückgezogen leben. Die können wir nur darüber erreichen.

JD: Und die haben oft Sorgen, die sie niemanden mitteilen. Gerade diese Menschen verpassen den Weg zu Hilfsangeboten. Dabei sind wir diesbezüglich in Ehrenfeld gut aufgestellt. Aber man muss das alles kennen. Wir sind oft die Vermittler und über die Vermittlung entstehen wieder neue Begegnungen und Netzwerke.

Was ist das Besondere am Beruf der Gemeindeschwester im Vergleich zu einer normalen Krankenschwester?

PB: Zeit für die Menschen zu haben. Außerdem haben wir eine viel engere Beziehung als im Krankenhaus. Wir bleiben ja viele Jahre lang.

JD: Dass es nicht nur um Wirtschaftlichkeit geht. Denn die, die Hilfe brauchen, sind nicht wirtschaftlich. Die haben kein Geld. Außerdem muss man sich mehr auf die Menschen einlassen. Es muss nicht für mich logisch sein, wie etwas gemacht wird, sondern für die Menschen, die ich besuche. Im Krankenhaus bestimmen das Personal und die Strukturen den Ablauf, wann wird aufgestanden, wann gegessen. Als Gemeindeschwester bin ich immer Gast im Haus des Patienten. Deswegen muss ich mich anpassen, nicht umgekehrt. Wenn jemand mittags noch im Morgenmantel ist, ist das seine Sache. Ob es sauber ist oder nicht, unordentlich oder stark verraucht… Der Patient bestimmt, wie er sich wohlfühlt. Das zu akzeptieren musste ich erst lernen.

PB: Man kann auch niemanden umkrempeln. Wer nicht gerne unter Menschen geht, den können wir auch nicht zwingen.
Wie wichtig ist das Christsein oder der Absender Kirche für die Senioren?

PB: Für manche ist das ganz wichtig. Ein Patient hat jeden Morgen mit mir die Tageslosung gelesen. Das war sein Ritual.

JD: Andere hatten lange keinen direkten Draht mehr zur Kirche oder zum Glauben. Da hat vielleicht der Arzt den Kontakt hergestellt, weil er merkte, dass da ein Mensch ist, der mehr braucht als eine medizinische Versorgung.

PB: Dieser Weitblick ist für mich das Entscheidende. Wir fragen nicht, wann jemand zuletzt in der Kirche war. Wir kümmern uns, wo es nötig ist.

 

Wenn auch Sie Lust haben, Gemeindemitglieder ab 70 Jahren hin und wieder auf einen Geburtstagsgruß zu besuchen, wenden Sie sich bitte an unsere Gemeindeschwestern.