Unsere Geschichte
Zunächst zusammen. Dann getrennt. Jetzt wieder vereint. Die Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenfeld.
-
2024 – Ein Neuanfang
-
Die Evangelische Kirchengemeinde Ehrenfeld ist zum 1. Januar 2024 aus den ehemaligen Kirchengemeinden Ehrenfeld und Bickendorf gegründet worden. Die ursprünglichen Gemeinden lösten sich zum 31. Dezember 2023 auf und es entstand die neue Gemeinde, die den ganzen Stadtbezirk Ehrenfeld umfasst. Ca. 13.000 Gemeindeglieder leben in den Stadtteilen Ehrenfeld, Neuehrenfeld, Bickendorf, Ossendorf, Vogelsang und Bocklemünd.
Schon seit einigen Jahren gab es im Kirchenkreis Überlegungen, wie angesichts sinkender Mitgliederzahlen durch Zusammenschlüsse auch für die Zukunft handlungsfähige Gemeinden entstehen können. Nach ersten Gesprächen zeigte sich, dass die Gemeinden Bickendorf und Ehrenfeld geeignete Partnerinnen für einen Zusammenschluss sind. Sie passen einfach gut zusammen, wegen der räumlichen Nähe, weil sie gemeinsam den Stadtbezirk Ehrenfeld abbilden und außerdem war die Gemeinde Bickendorf bis in die 60er Jahre hinein ein Teil der Gemeinde Ehrenfeld.
-
Die Geschichte der Kirchengemeinde Ehrenfeld
-
Geschichte der ehemaligen Kirchengemeinde Ehrenfeld
GründungNachdem das Rheinland 1815 zu Preußen kam, zogen vermehrt Protestanten nach Köln und in sein Umland, vor allem auch preußische Beamte. Auch in Ehrenfeld, das erst 1888 nach Köln eingemeindet wurde, fanden sich evangelische Christ:innen zusammen, die ein eigenes Gemeindeleben organisierten und Gottesdienste feierten. Seit 1872 war der Berliner Theologe Friedrich Coerper als Pfarrvikar für die Protestant:innen in Ehrenfeld tätig. Er regte auch den Bau der heutigen Friedenskirche als erstes evangelisches Gotteshaus in Ehrenfeld an. 1876 konnte die Kirche an der Rothehausstraße eingeweiht werden. Offiziell gegründet wurde die evangelische Kirchengemeinde Ehrenfeld allerdings erst Anfang 1878. Friedrich Coerper wurde erster Pfarrer der neuen Gemeinde.
Ernst Flatow und Lili Wieruszowski
Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der ehemaligen Kirchengemeinde Ehrenfeld ist mit dem Schicksal von Ernst Flatow und Lili Wieruszowski verbunden.
Im Jahr 1933 wurden aufgrund des von den evangelischen Kirchen übernommenen Arierparagraphen alle Amtsträger jüdischer Abstammung aus dem Dienst der Kirche ausgeschlossen. Ein Opfer dieser Bestimmung war der aus einer jüdischen Familie in Berlin stammende Ernst Flatow, der zum Christentum übergetreten war und evangelische Theologie studiert hatte. In den Jahren 1927 und 1928 war er Vikar und Hilfsprediger in Ehrenfeld und danach Krankenhausseelsorger in Köln. 1933 wurde er aus seinem Amt entlassen und musste nunmehr mit bescheidenen Bezügen leben. Ende 1941 kam er in Lobetal bei Berlin unter. Nach dem Beschluss zur „Endlösung“ bat der Leiter der staatlichen Finanzabteilung beim Evangelischen Konsistorium der Rheinprovinz den neuen Kölner Superintendenten Mühlberg, ihm Flatows derzeitigen Aufenthaltsort „baldigst anzuzeigen“. Pfarrer Karl Köhler gab daraufhin seinen Aufenthaltsort preis. Am nächsten Tag deportierte die Gestapo Flatow mit den anderen Judenchrist:innen aus Lobetal nach Warschau, wo er im Jahr 1943 beim Bau der Warschauer Ghettomauer starb.
Am 15. März 2022 wurde vor Flatows letzter Wohnung in Köln, Hildeboldplatz 23, ein Stolperstein eingelassen mit der Inschrift: Hier wohnte Pfarrer Ernst Flatow, Jg. 1887, versteckt gelebt, deportiert 1942, Ghetto Warschau ermordert.
Ebenfalls am 15. März 2022 wurde ein Stolperstein für Lili Wieruszowski vor der Friedenskirche verlegt mit dem Erinnerungstext: Hier arbeitete Lili Wieruszowski, Jg. 1899, Berufsverbot 1933, Flucht 1933 Schweiz.
Lili Wieruszowski stammte aus einer der angesehensten Kölner Familien. Ihr Vater Alfred war Senatspräsident am Oberlandesgericht Köln. Ihre Mutter Jenny Landsberg engagierte sich sehr aktiv in der Frauenbewegung. Ihre Eltern, beide jüdischen Glaubens, ließen ihre vier Kinder evangelisch taufen, um ihnen alle Wege offen zu halten. Lili Wieruszowskistudierte Cello und Klavier am Kölner Konservatorium und an der Hochschule für Musik in Berlin. Ihre ganze Liebe galt jedoch bald der Orgel und 1922 legte sie ihr Orgelexamen ab. Prof. Franke aus Köln war für sie ein ausgezeichneter Lehrer und er war es auch, der LiliWieruszowski über die freie Organistenstelle in Ehrenfeld informierte. Sie bewarb sich erfolgreich um diese Stelle und arbeitete von 1922 bis 1925 als Organistin an der Friedenskirche. Lili Wieruszowski liebte ihre „kleine Orgel“ und es begann eine sehr produktive Zeit. Mit dem damaligen Pfarrer Spieker verband sie eine lebenslange Freundschaft. Nicht nur beruflich zog es sie weiter nach Berlin. Sie verliebte sich unglücklich, stürzte in schwere Depressionen und erkrankte mehrfach lebensbedrohlich. Nach ihrer Rekonvaleszenz gelang es ihr nicht mehr, aufgrund ihrer nichtarischen Abstammung, eine Stelle als Organistin zu bekommen. Sie erhielt ein Arbeitsverbot und wurde aus der evangelischen Gemeinde ausgeschlossen. 1933 emigrierte Lili Wieruszowskiin die Schweiz. Dort lebte sie als geduldete Person, ohne Arbeitserlaubnis, in sehr armen Verhältnissen. Erst 1958 erhielt sie den „Schweizer Bürgerbrief“.
-
Die Geschichte der Kirchengemeinde Bickendorf
-
Wurzeln in Ehrenfeld
Die Protestanten Bickendorfs gehörten wie die übrigen Wohnsiedlungen nordwestlich von Köln zur Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenfeld und gingen zum Gottesdienst in die 1876 eingeweihten Friedenskirche in der Rothehausstraße und ab 1931 in den Betsaal in der Herbigstraße in Neuehrenfeld, die spätere Markuskirche. Der in den 30er Jahren geplante Bau einer Großkirche in Neuehrenfeld mit Platz für 1000 Menschen wurde durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges nie verwirklicht.
Kirchen im Veedel
Nach 1945 wuchsen die Stadtteile am Rand von Köln, die Zahl der Protestanten stieg erheblich und der wirtschaftliche Aufschwung der Nachkriegsjahre erschloss den Kirchengemeinden neue finanzielle Möglichkeit. Vom Konzept der Großkirchen hatte man Abstand genommen, Kirchen sollten wohnortnah in jedem Stadtviertel gut erreichbar sein. Und so baute die Gemeinde Ehrenfeld 1955 die Emmauskirche in Vogelsang sowie die Gnadenkirche in Pulheim, zwischen 1963 und 1965 die Dreifaltigkeitskirche in Ossendorf, die Versöhnungskirche in Neuehrenfeld und die Epiphaniaskirche in Bickendorf.
Teilung
1967 war die Ev. Kirchengemeinde Ehrenfeld, deren Gemeindegebiet auch die Ortschaften Pulheim, Sinnersdorf und Stommeln umfasste, auf 36 000 Evangelische angewachsen. Man beschloss eine Teilung, und die Ev. Kirchengemeinde Bickendorf wurde mit 13 000 Gemeindemitgliedern selbständig. 1987 wurden die außerhalb der Stadtgrenze liegenden Bezirke der Gemeinde Bickendorf in die Selbständigkeit entlassen und die Ev. Kirchengemeinde Pulheim gegründet. Die Kirchengemeinde Bickendorf umfasste von nun an die Stadtteile Bickendorf, Ossendorf, Vogelsang und Bocklemünd.
Gemeinde Bickendorf
Als Ende der 60er Jahre in Bockelmünd/Mengenich mit dem Görlinger Zentrum eine große Wohnsiedlung für mehr als 10 000 Menschen errichtet wurde, bekam auch dieser Bezirk eine eigene evangelische Kirche. 1974 wurde das Gemeindezentrum Auferstehungskirche eingeweiht.
In den 80er Jahren wurde der alte Betsaal in der Herbigstraße, inzwischen in Markuskirche umbenannt, entwidmet und an eine orthodoxe Gemeinde vermietet. Die Gemeinderäume und Kindertagesstätte blieben jedoch weiter für die Bickendorfer geöffnet. Seit 1998 ist die Markuskirche an die evangelisch-methodistische Gemeinde verkauft, die sie nach aufwendiger Renovierung und Umbau weiter mit Leben und Gottesdiensten füllt.
Anfang der 90er Jahre veranlasste ein weiteres großes Bauprojekt die Gemeinde dazu, im Westend aktiv zu werden. Doch wurde hier keine Kirche gebaut, sondern ein Ladenlokal im neugebauten Wohnviertel angemietet und das ökumenische Begegnungscafé Bickolo eröffnet, das bis heute besteht und wertvolle Stadtteilarbeit leistet.
Mit vier Kirchen, drei Kindertagesstätten und einem Kirchencafé in fünf Stadtteilen war die Gemeinde Bickendorf gut aufgestellt. Fünf Pfarrstellen, vier Küster*innen, Kirchenmusiker, Gemeindepädagoginnen, Diakoniestation sowie eine große Zahl von Menschen im Ehrenamt sorgten für ein lebendiges Gemeindeleben.
Herausforderungen
Seit den 2000er Jahren muss sich die Gemeinde verstärkt mit dem Thema Finanzen beschäftigen, um bei geringer werdenden Einnahmen nicht in finanzielle Schieflage zu geraten. Einsparpotential gibt es besonders bei den Personalkosten, die den größten Anteil am Haushalt einer Gemeinde ausmachen. Die Stellenreduzierungen betrafen nicht nur die Pfarrstellen, die seitdem von 5 auf 2,25 Stellen reduziert wurden, sondern alle Arbeitsbereiche gleichermaßen.
Doch es wurde nicht nur ab-, sondern auch aufgebaut: 2015 konnte die erweiterte und von Grund auf sanierte Epiphaniaskirche in Bickendorf neu eingeweiht werden. Auf dem dahinter liegenden Grundstück waren Pfarrhaus und Küsterhaus einer großen Wohnanlage mit 24 Mietwohnungen gewichen. Eine gute Investition in die Zukunft, damit durch Mieteinnahmen nach Abzahlung der Schulden Gemeindearbeit finanziell unterstützt werden kann.
Ein schmerzhafter Schritt war 2019 die Entwidmung und Schließung der Dreifaltigkeitskirche in Ossendorf. Statt eines Abrisses konnte ein Mieter gefunden und das Gebäude mit seinen schönen Kirchenfenstern erhalten werden. Inzwischen befindet sich in dem Gebäude ein Aikido-Studio. Die Pläne für die notwendigen Sanierung und Umgestaltung stammten vom Architekten Paul Böhm und bringen die ehemalige Kirche als spirituellen Raum neu zu Geltung.
Auf Beschluss der Landessynode im Januar 2023 sollen bis 2035 alle Gebäude der Ev. Kirche im Rheinland treibhausgasneutral werden. Das bedeutet einen kritischen Blick auf alle Liegenschaften der Gemeinde und Investitionen, um sie energetisch in Stand zu setzen.
Zukunft in Ehrenfeld
Nach 57 Jahren ist die Ev. Kirchengemeinde Bickendorf Geschichte, 2024 fusioniert sie mit der Gemeinde Ehrenfeld, aus der sie hervorgegangen ist. In guter Tradition behält die neue große Gemeinde in den Grenzen des Stadtbezirks Ehrenfeld den alten Namen: Ev. Kirchengemeinde Ehrenfeld. Ein ist ein Schritt nach vorn, um gemeinsam als Evangelische Christen im Kölner Nordwesten aktiv und sichtbar zu sein.